Mittwoch, 28. Juli 2010

Nun fangen die letzten Wochen an…


kaum zu glauben, dass ein Jahr jetzt so einfach um sein soll. Dass wir in weniger als zwei Wochen “Tschuess”, “Lebe wohl” und “Alles Gute” sagen und, dass wir viele dieser Menschen wahrscheinlich nicht wieder sehen werden. Wo ist die Zeit geblieben?
Und jetzt ? Einfach gehen?
Geht es einfach so weiter in Deutschland ?Vermutlich schon, aber fuer mich kann ich sagen, dass es einige Zeit brauchen wird, bis ich wirklich “Tschuess” zu meinem Leben hier gesagt habe und es in Deutschland weiter geht.
Fuer Paula faengt in ein paar Monaten ihr Medizin-Vorsemester an. Ich bin lustiger Weise auch in Koeln gelandet. Soziale Arbeit.
Aber nun mal zu dem was wir hier in letzter Zeit erlebt haben.Tim, einer der Freiwilligen aus dem Centre in Johannesburg hat uns fuer gute zwei Wochen besucht. Mit ihm und zwei anderen Freiwilligen bin ich in die Provinz noerdlich von Mpumalanga gefahren: Limpopo. Und mal wieder in den Kruger National Park, dieses Mal in den noerdlichen Teil.Spontan war ich mit Tim auch endlich mal in Swasiland, auf dem so genannten Bushfire-Festival.
War ziemlich schoen. Am selben Wochenende war ich auch auf einer Jazz-Party, die anlaesslich des bald anfangenden World Cups statt fand. Auch die Kinder haben das Centre auf die Weltmeisterschaft vorbereitet. Eine von Spenden gekaufte grosse Flagge wurde gekauft und mehrer Flaggen wurden gemalt. Auch wenn der World-Cup schon um ist, haengen die Flaggen immer noch. Am Anfang der Weltmeisterschaft hat man die Vuvuzelas so oft gehoert, und vor allen Dingen zu den unmenschlichsten Zeiten ( 6 Uhr morgens) dass man sie am liebsten alle weg geschlossen haette. Das hat sich mit der Zeit aber gebessert und der Sound der Vuvuzeals auf den zahlreichen Fanfesten versprach Spass!
Richtig toll war das Opening-Game. Die Stimmung war natuerlich super, nachdem Suedafrika das erste Tor geschossen hatte. Als Suedafrika dann raus war wurden auch die Vuvuzelas weniger. Die ersten Spiele waren meiner Meinung nach die mit der besten Stimmung.
Waehrend der World Cup seinen Lauf nahm haben wir mit den Kinder viel Spass gehabt. Es waren ja schliesslich Ferien. Extra lang wegen der Weltmeisterschaft, sechs Wochen. Fuer diese sechs Wochen wurde natuerlich viel geplant. Fuer jeden Tag war Programm vorgesehen. Dieses wurde aber letzten Endes nicht ganz durchgezogen. Einen der geplanten Trips haben wir aber gemacht. Mit allen Kindern sind wir zur “Matsamo Cultural Village” direkt an der Grenze zu Swasiland gefahren. Dieser Trip und die Verpflegung wurde nur durch eure Spenden moeglich gemacht. Vielen Dank.Im Centre wurde unter anderem eine Wand mit Handabdruecken bemalt, dazu noch ein Box (von Spenden finanziert ), die jetzt voll mit Spielzeug in der Buecherei steht.
Es gibt zwei Kinder die verantwortlich fuer die Spielebox sind. Sie ist abgeschlossen. Ansonsten waeren die Spielzeuge innerhalb weniger Tage weg. Mal gucken wie es klappt.
Ausserdem ist ein Freund von Paula und mir ein paar Mal waehrend der langen Ferien gekommen um ein bisschen Sport mit ihnen zu machen. Er ist der Trainer des Fitnessstudios zu dem wir seit Maerz gehen und hat waehrend seines Studiums schon mehrere Kids-Camps gemacht. Er hatte viele tolle Spielideen und hat uns dazu gebracht, uns rueckwaerts von einem Klettergeruest in die Haende der Kinder fallen zu lassen. Ja, die Kinder hatten ihren Spass! Wir haben einfach nur gedacht: “Augen zu und durch.”
Ausserdem haben wir die von Anne (sie war fuer acht Wochen Freiwillige bei Amazing Grace) mitgebrachte Fingerfarbe genutzt. Die Kinder waren erst etwas verwirrt. Ich glaube sie haben noch nie vorher mit Fingerfarbe gemalt. Hatten letzten Endes aber Spass und die Buecherei konnte wieder etwas dekoriert werden.Ein paar Mal haben wir uns waehrend der Ferien natuerlich auch auf den Weg zum Fish Eagle gemacht. Dies ist ein Fleckchen Grass, mit Pavillion, direkt an der Grenze zum Kruger. Die Kinder bedanken sich ganz herzlich fuer die Aepfel und den leckeren Saft bei euch :).
Auch ein paar Movienights hatten wir wieder. Die Kinder haben sich sehr gefreut.

Waehrend der Ferien war ich auch fuer circa eine Woche im anderen Centre von Amazing Grace bei Johannesburg und habe mir den Alltag dort etwas angeschaut. Man oh man. Dort war es wirklich kalt. Ich war froh eine Heizung fuer die Nacht zu haben. Tagsueber war das Wetter wie in Deutschland. Es war schoen in Johannesburg. Das Centre dort war frueher ein Pferdegestuet. Das Stadtzentrum ist ca eine halbe Stunde entfernt. Es war insgesamt sehr idyllisch. Paula hatte waehrend meiner Zeit in Johanensburg Besuch von ihrem Vater und war auf einigen WM-Spielen.
Vor einer Woche bin ich aus Namibia wieder gekommen, wo ich wirklich eine tolle Zeit hatte, mein letzter Urlaub, das letzte Mal ging es zurueck nach Malalane. Ich war in Swakopund, Walvis Bay, Uis, bei der White Lady, in Outjo, Windhoek und Rehoboth. Habe also den mittleren Westen von Namibia erkundet. Sehr deutscher Touch muss ich sagen. Ist ja auch kein Wunder bei der deutschen Geschichte. In Namibia habe ich insgesamt vier andere Freiwillige wieder getroffen, die ich auf dem Zwischenseminar kennen gelernt hatte. Eine von ihnen wird auch in Koeln studieren. Mit zwei von ihnen und einem Auswanderer aus Deutschland haben wir Namibia in einem Landrover unsicher gemacht. Das war ein Spass. Uebernachten im leeren Flussbett. Essen wird ueberm Feuer gemacht und schwimmen im kalten Atlantik.
Paula ist gerade aus Kapstadt wieder da, sie hatte dort zusammen mit einer Freundin eine total schoene Zeit.

10 Tage noch….
Wir freuen uns so auf euch !

Identity Documents

Tag 1
Ein grosses Projekt waehrend der Ferien war auch, zwei aelteren Kindern, die hier im Centre leben eine Identitaet zu besorgen. Eines der Kinder ist am Ende seiner Schullaufbahn angekommen und braucht die Identity Documents um seine Schullaufbahn abzuschliessen. Das andere Kind kann ohne die Identity Documents nicht anfangan zu studieren. Beide Kinder kommen aus Mosambik, in der Naehe von Maputo und haben auch noch Familie dort. Zuerst wurden voruebergehende Paesse in Nelspurit besorgt, so dass beide die Grenze nach Mosambik ueberqueren koennen. Am 30.06.2010 haben wir uns um 5.00 morgens zusammen mit einem Mitarbeiter auf den Weg gemacht. Eigentlich sollte es ganz einfac h sein. Ab zu den Home Affairs in Maputo, voruebergehende Paesse vorlegen und richtige Paesse bekommen. Hoert sich logisch an, finde ich. Zunaechst haben wir uns mit Filipe getroffen. Bis vor einem Jahr hat auch er im “Amazing Grace Children’s Home” gelebt. Nun ist er wieder zurueck in Mosambik, hat einen Job und moechte bald anfangen zu studieren. Die beiden Kinder mit denen ich unterwegs war, kannten Filipe auch noch und waren froh ihn wieder zu sehen. Da keiner von uns portugisisch kann, sollte Filipe der Uebersetzer sein. Wie sich letzten Endes raus stellte war er viel mehr als das. Ziemlich schnell fanden wir raus, dass der Prozess viel laenger dauern wird. Wir hatten geplant am Abend wieder in Malalane zu sein. Die beiden Kinder brauchten erst ihre Geburtsurkunden, danach koennen sie Identity Documents beantragen und erst dann bekommen sie ihren Paesse. Der Mitarbeiter musste noch am selben Tag wieder nach Hause. Da war ich also in Mosambik mit zwei Kindern und Filipe(den ich zu dem Zeitpunkt kaum kannte) und musste mich um ihre Paesse kuemmern. In einem Land, dessen Sprache ich nicht spreche. Zunaechst sind wir zu einem der Kinder nach Hause gefahren. Ich war froh, dass es sich nach ca 8 Jahren noch an den Weg erinnerte. Und dann standen wir auf einmal vor seiner Familie. Und ja, man konnte sehen, dass dies eine Familie war. Die Geschwister sahen sich alle sehr aehnlich. Wo war nun die Geburtsurkunde? In einem abgeschlossenen Raum. Und wo war der Schluessel? Nicht hier. Oh nein !! Letzten Endes fand sich ein Weg die Tuer auf zu kriegen und da war sie, die Gebuertsurkunde. Mitlerweile war es schon 3Uhr nachmittags. Nun mussten wir noch die andere Geburtsurkunde bekommen. Leider wusste keiner wo. Also haben wir erst ein Familienmitglied in Suedafrika angerufen, um eine mosambikanische Nummer zu bekommen, dort anzurufen und eine Wegbeschreibung zur Familie des Kindes zu bekommen. So weit so gut. Dort angekommen stellte sich heraus, dass es keine Geburtsurkunde gab. Auch die Mutter hatte keine. Was nun? Langsam wurde es dunkel. Ohne Zahnbuerste oder irgendwelche Wechselsachen mussten wir wohl eine Nacht in Mosambik verbringen. Da das Budget knapp war wollten wir moeglichst kein Geld fuer die Unterkunft ausgeben. Gluecklicherweise kannte ich von meinem letzten Besuch in Maputo ein Paar aus den Niederlanden, das in Maputo lebt und dort ein Doppelbett frei hat. Nach einigem Hin und Her habe ich auch das Haus wieder gefunden und ihnen eine Nachricht hinterlassen. Letzten Endes hat alles geklappt und jeder hatte ein Bett fuer die Nacht. Resume des Tages: eine Geburtsurkunde.Plan fuer den naechsten Tag: Um vier Uhr aufstehen um frueh bei den “Home Affairs” zu sein und irgendwie die andere Geburtsurkunde bekommen und das Identity Document fuer das andere Kind zu beantragen.

Tag 2
Nachdem wir schoen frueh aufgestanden sind und die Mutter des einen Kindes abgeholt hatten, waren wir frueh bei den “Home Affairs”. Um acht Uhr sollten sie oeffnen. Um halb neun wurde die Schlange vor den “Home Affairs” langsam laenger, aber offen waren sie immer noch nicht. Auch nicht um neun. Ich habe schon nicht mehr daran geglaubt, dass sie jemals oeffnen. Um zwanzig nach neun war es dann so weit. Ich musste immer im Auto bleiben, da ich weiss bin und weisse Menschen „Geld haben“…Filipe hatte sich mitlerweile auch wieder zu uns gesellt, nachdem er in der Nacht gearbeitet hatte. Nun mussten wir die Angestellten der “Home Affairs” davon ueberzeugen, uns eine Geburtsurkunde auszustellen. Irgendwie schaffte die Mutter des Kindes die Angestellten nach ueber einer Stunde und mit etwas zugestecktem Geld zu ueberzeugen. Wir hatten die zweite Geburtsurkunde! Nun stellte sich heraus, dass dem anderen Kind mit den Identity Documents hier nicht weiter geholfen werden konnte, da es keinen Computer gab. Wir mussten wieder zurueck zu den “Home Affairs” im Stadtzentrum. Bei der Geburtsurkunde des einen Kindes war naemlich nicht klar, wo sie ausgestellt wurde. Und nur dort wo sie ausgestellt wurde kann man das Identity Document anfordern, ein Computer war natuerlich auch notwendig. Auf dem Weg zu den “Home Affairs” im Stadtzenrum mussten wir noch eine Beglaubigung besorgen, die bestaetigt, dass die Geburtsurkunde echt ist. Normalerweise dauert dies mindestens einen Tag. Mit ein bisschen Geld hatten wie die Beglaubigung in ein paar Minuten. Filipe war wieder eine grosse Hilfe. Die Schlange vor den “Home Affairs” war, wie am vorrigen Tag wieder sehr lang. Um 3Uhr nachmittags wurden viele der wartenden Leute nach Hause geschickt. Auch das Kind mit dem ich unterwegs war. Ich schickte es noch einmal zurueck um ganz genau nachzufragen, was es das naechste Mal braucht um sein Identity Documet zu bekommen. Filipe ging mit dem Kind. Mit dem anderen Kind wartete ich im Auto, und wartete, und wartete…Auf einmal kam Filipe zurueck. Wir koennen das Dokument noch heute bekommen. Wir muessen nur ein bisschen Geld locker machen. OK, dachte ich mir, es wird mehr kosten noch einmal nach Mosambik zu fahren. Sind wir ein bisschen korrupt. So laeuft es einfach manchmal.Und nachdem es morgens noch so aussah als ob wir nicht viel weiter kommen wuerden hatten wir am Ende des Tages eine Geburtsurkunde mehr und ein Identity Document wuerde in zwei Wochen fertig sein. Zeit wieder nach Hause zu fahren. Nachdem die Geburtsurkunde am 1.7. ausgestellt wurde musste mindestens eine Woche gewartet werden, bis das Kind ein Identity Document beantragen kann. Das Identity Document des anderen Kindes wird erst in zwei Wochen fertig sein.Mein Job ist hier getan…endlich J.Auf dem Weg aus Maputo raus wurden wir natuerlich noch von der Polizei angehalten. Ich war schon drei Mal in Mosambik und bis jetzt wurde ich jedes Mal angehalten. Dieses Mal bin ich angeblich in eine Einbahnstrasse gefahren, genau wie alle Autos vor und hinter mir, die nicht angehalten wurden. Ich hatte nichts falsch gemacht. 50 Euro bitte. Nach laengerem hin und her waren es dann 10 Euro. OK. Weiter gehts. Da die Kinder beide alt genug sind werden sie das naechste Mal wahrscheinlich alleine nach Maputo fahren und sehr bald ihre Paesse haben.
Ich habe diesen Job wirklich gerne gemacht. Auch wenn ich zwischendurch am liebsten einfach wieder nach Hause gefahren waere. Es war eine einmalige Erfahrung, wie das ganze Jahr. Es war toll am Ende ein so schoenes Ergebnis zu haben. Denn ohne Paesse kommt man leider nicht sehr weit.
Der ganze Trip wurde von einer ehemaligen Freiwilligen, die Amazing Grace einmal pro Jahr besucht, unterstuetzt. Sie hat die Spenden in Deutschland gesammelt.

Samstag, 10. Juli 2010

Juniartikel von Paula


Anpfiff. Der alte Lederball wird durch den roten Staub des Fußballfeldes gejagt. Hier geht es um viel. Hier geht es um die Ehre. Und um 150 Rand. Ein Fußballspiel zwischen den Kindern des Shelters in dem ich arbeite und anderen Kindern aus Townships und ländlichen Gegenden, die Malalane umgeben. Zusammen mit Laura, meiner Mitfreiwilligen, stehe ich am Rande des Fußballfeldes, hinter uns liegen die Berge des Kruger Parks, aus einer naheliegenden Schule ertönen die Trommelklänge des Gottesdienstes. Es ist Sonntag. Wir feuern unsere Jungs an, so gut wir nur können. Unsere Schützlinge. Schießt einer ein Tor bin ich stolz, fällt einer hin stockt mir der Atem.
Organisiert hat das Spiel ein Junge der anderen Mannschaft. Er lebt zusammen mit seinen Geschwistern in einer Hütte außerhalb von Malalane. Zum Fußballfeld ist er getrampt.
Das Spiel ist vorbei und wir gehen als stolze Sieger nach hause. Ein Moment, in dem die Kinder sich als kleine Helden fühlen.
Doch die Helden der Nation sind Momentan die “Bafana” ( Swati für “Jungs” ). Die ganze Nation hat bis zum letzten Spiel gegen Frankreich gehofft und ist auch jetzt noch stolz auf ihre Jungs. Die Stimmung in Newtown, Johannesburg war unglaublich. Geschätzte 15.000 Bafana-Fans jeder Nation haben beim ersten Tor gejubelt und beim zweiten Tor getobt. In der Halbzeit stand alles offen. Würde Südafrika es doch noch in die nächste Runde schaffen? Beim Abpfiff war das Weiterkommen verloren, doch das Spiel gewonnen und darüber freuten sich alle. Auf den Straßen wurde Fußball gespielt - mit Bällen oder Mülltüten. Doch für Bafana war es vorbei.

Newtown, Johannesburg - Das Afrika-Museum im Hintergrund

Nur knappe zwei Wochen vorher hatte es angefangen. Tausende von Augenpaaren starrten auf den Bigscreen. Endlich war es so weit. Endlich rollte der Ball. Das erste Spiel des FIFA Worldcup 2010 in Südafrika hatte begonnen. Noch vor fünf Minuten hatten alle gesungen, getanzt. Doch mit dem Anstoß wurde es ruhig im Fanfest von Nelspruit: Männer, Frauen, Kinder, Südafrikaner, Touristen, Fußballfans - alle setzten sich hin.
Die Stimmung war gut, doch noch ein wenig zurückhaltend, oder auch sehr “diszipliniert”, wie es ein deutscher Freund ausdrückte, der sich zusammen mit mir das Eröffnungsspiel anschaute.
Es wurde also im Sitzen mitgefiebert, diskutiert und gehofft. Bis das erste Tor fiel. Die Menge sprang in die Luft und riss die Arme in die Höhe. Keine Spur mehr von Zurückhaltung. Jetzt wurden Fremde umarmt und Vuvuzelas geblasen. Jetzt wurde gejubelt und geschrien. Und keiner setzte sich mehr hin.
Auch beim ersten Spiel der deutschen Mannschaft lies ich es mir nicht nehmen und setzte mich in Malalane ins Sammeltaxi, um zum Fanfest zu fahren. Schon, als ich am Taxirank in Nelspruit ankam war wesentlich weniger los als beim Eröffnungsspiel einige Tage zuvor. Beim Fanfest waren nur wenige hundert Menschen, jedoch schon beim ersten Tor für Deutschland wurde klar, dass die meisten Südafrikaner dort sehen wollten, wie Australien verliert. Denn durch andere Sportarten wie Rugby oder Kricket sind Südafrika und Australien große Konkurrenten. Nach dem 4:0 Sieg waren also die meisten guter Laune und begaben sich Richtung Ausgang. Ich selbstverständlich auch. Siegestrunken feierte ich noch auf der Straße weiter. Bis mir auffiel, dass mir etwas fehlte: Mein Rucksack! Ich drehte also auf der Stelle um und rannte zurück. Der Fanpark war schon leer, es war nur noch eine riesengroße Grünfläche zu sehen. Und weit und breit kein Rucksack. Der Müll wurde schon weggeräumt und die Zelte abgebaut. Gerade hatte ich die Hoffnung aufgegeben, da sah ich meinen Rucksack neben einem der Sicherheitsbeamten stehen. Ich hatte ihn mitten auf der Wiese stehen gelassen. Alle seien fast draufgetreten, sagte mir der Beamte, da habe er ihn lieber an sich genommen. Ich dankte ihm und begab mich erneut Richtung Ausgang. Diesmal mit Rucksack.
Das nächste Bafana-Spiel sah ich im Shelter, zusammen mit meinem Vater, der an dem Tag in Südafrika gelandet war um mich zu besuchen. Zu meiner Überraschung saßen nur vier Jungs auf dem Sofa, als wir den “Sittingroom” betraten, in dem sich der Fernseher befindet. Allen anderen reichte es, am nächsten Tag das Ergebnis zu erfahren. Wir gesellten uns also zu den Jungs - wir in unseren Winterjacken, die Kinder unter Wolldecken, da die Nächte jetzt im Winter bitterkalt werden können - und feuerten mit ihnen zusammen ihr Team an. Ohne Erfolg - denn Uruguay schaffte es ja bekanntlich bis ins Halbfinale.
Nachdem mein Vater und ich das nächste Spiel der deutschen Mannschaft gegen Serbien im Kruger Park geschaut hatten, machten wir uns auf den Weg nach Kamhlushwa, um dort Freunde zu besuchen, die ein Waisenprojekt leiten. Jeden Samstag Morgen um acht Uhr geht es mit dem vollgepackten Laster auf ihrer Farm los. Auf der Ladefläche: Pap, Obst, Gemüse, Tütensuppen, Kekse, Kaffee, Bohnen, Fisch, Kosmetikartikel. Manchmal auch Kleidung. Auf dem Weg werden noch ein paar Mitarbeiter eingesammelt. Dann werden die einzelnen Stationen abgefahren. Die Mitarbeiter sagen, sie füttern Kinder (“we feed the children”), doch das Projekt sorgt für viel mehr als Nahrung. Die Kinder sind in Computern registriert, mit Namen und Bedürfnissen. Es wird Kontakt zu den Schulen gehalten, sodass sich jemand kümmern kann, wenn eines der 2500 Kinder Probleme in der Schule hat. Es gibt professionelle psychologische Betreuung. Es wird mit den Kindern gespielt. Es wird eine persönliche Beziehung zu den Kindern aufgebaut. Es wird Hoffnung, Kraft und Wille gegeben. Entstanden ist das Projekt vor neun Jahren und wird seitdem allein durch Spenden finanziert. An jenem Samstag wollten wir auch mitkommen. Ich war schon manchmal dabei und wollte es gerne meinem Vater zeigen. Mit dem Laster fuhren wir durch die Dörfer bis wir bei unserem ersten Halt ankamen. Hier spielte der örtliche Fußballplatz eine ganz andere Rolle. Etwa 20 Kinder warteten dort, es war der Treffpunkt zur Lebensmittelausgabe. Ein paar von ihnen hatten Schubkarren. Manche lachten, manche waren noch ganz verschlafen. Manche hatten ihre jüngeren Geschwister auf dem Rücken. Als der Laster auf dem Feld zum Halten kam und die Ladefläche sich öffnete machten die ersten Kinder sich auf, um beim Entladen zu helfen, oder ihre Karren zu füllen. Es gab keine Streitereien. Keiner drängelte sich vor. Jeder weiß, dass es genug gibt und dass jeder was kriegt. Manche haben sogar Extrawünsche. Die kann man ihnen nicht immer erfüllen, doch dass sie sie haben freut die Mitarbeiter, denn das heißt dass ihre Grundbedürfnisse gestillt sind.
Doch zurück zum WM-Geschehen. Selbstverständlich lies ich mir auch einen Stadionbesuch nicht entgehen. Das aufregendste Spiel war für mich Deutschland gegen Ghana. Ich wünschte mir beide Mannschaften in der nächsten Runde. Es wurde abgepfiffen und die Vuvuzelas ertönten. Wen das störte, der konnte sich mit den so genannten “Thulazelas” (Thula: swati für Ruhe), auch bekannt als Ohropax, helfen. Die Stimmung war ausgesprochen gut. Noch konnte der Pokal in Afrika bleiben- die Hoffnung vieler Afrikaner. Die meisten Deutschland-Fans waren übrigens gar nicht deutsch. Wenn sie es waren erkannte man sie jedoch sogleich an ihrer unverwechselbaren Art zu feiern. Zur guten Stimmung trug aber auch die gute Organisation bei: Weder Staus, noch Parkplatzmangel. War mal kein Parkplatz auf den ersten Blick sichtbar sprang einem direkt ein Parkwächter zur Hilfe und zeigte einem die nächste Parklücke. Zur Not rannte er dafür auch mal einen Kilometer neben dem Auto her.
Bald ist Finale. Zwar nicht für die Deutschen, aber da ich gebürtige Niederländerin bin ist die Sache am Sonntag für mich klar. Jetzt wird auf Oranje gehofft. Bis zum Schlusspfiff.