Samstag, 20. März 2010

Maerzbericht von Paula

Die Kleine jetzt ganz groß


Jetzt kann sie laufen und sprechen – zumindest kann sie ein paar Worte sagen. Diese dafür am laufenden Band. Zu Liedern klatschte sie schon immer im Takt. Unsere Zweitjüngste steht gerade neben mir im Sonnenschutz des großen Baumes im Hof des Centres. Beide Zeigefinger im Mund starrt sie mich an, mit ihren großen braunen Augen. Jetzt winkt sie und sagt: „Paula, Paula.“ Schön, wenn der eigene Name eines der ersten Worte ist, die ein Kind lernt. Besonders, wenn man nur wenige Monate zuvor noch bezweifelt hat, dass es irgendwann mal ein Wort spricht, geschweige denn anfängt zu laufen.
Phila ist 2 ½ Jahre alt. Sie ist seit etwa zwei Jahren in dem Centre.
Als ich vor rund sieben Monaten hier angekommen bin saß sie nur auf dem Boden und nahm – wie es mir schien - kaum Kontakt zur Welt um sich herum wahr. Ein paar Wochen später fing sie an zu krabbeln, doch versuchte sie das Stadium in dem Kinder auf Knien krabbeln zu überspringen und lief direkt auf Händen und Füßen. Den Po hatte sie dabei ganz weit in die Luft gestreckt. Sie erinnerte mich so immer an Mogli und brachte mich jedes Mal zum Lachen. Ihre Haut war schlecht, jedoch auch schon viel besser als wiederum ein Jahr zuvor, wie mir eine ehemalige Freiwillige mitgeteilt hat. Als Phila ein Jahr alt war, habe sich ihre Haut in Fetzen gelöst. Sie sei sehr krank gewesen und unglaublich dünn. Zu der Zeit habe sich die Freiwillige nicht Sorgen darum gemacht, wann die Kleine wohl anfangen würde zu sprechen oder zu laufen, sondern wie alt sie würde. Und jetzt tut sie beides. Sprechen und laufen. Sie ist jetzt ein propperes Mädchen geworden. Unter der Erziehung der Kinder ist sie auch schon sehr durchsetzungsfähig und selbstständig geworden.
Letzte Woche tröstete sie ein weinendes Mädchen indem sie sich einfach auf ihren Schoß setzte und ihren Namen immer wieder wiederholte. Gestern lief sie durch das ganze Heim um die zuständige Person zu finden, die sie ins Bett bringen sollte.
Häufig zieht sie die herumstehenden Schuhe älterer Kinder oder Mitarbeiter an. Das ist jedes Mal ein schönes Bild: ein laufender halber Meter mit Schuhen in Größe 38.
Doch so ist sie – wie alle Kinder: manchmal übernimmt sie sich. So hat sie zum Beispiel neulich morgens unsere Kleinste, Phumzile, gefüttert. Phumzile saß auf einem kleinen grünen Kinderstuhl, Phila stand mit einem Löffel vor ihr. Zwischen den beiden ein Teller. Was auf dem Teller war konnte ich nicht sehen.
Im Vorbeigehen erkannte ich, dass Phumzile das ganze Gesicht voll mit Brei hatte. Das war also auf dem Teller: Brei. Phila hatte gerade den nächsten Löffel voll gemacht, um nachzustopfen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Phumzile hatte nämlich offensichtlich keinen Hunger mehr. Sie drehte ihren Kopf weg. Doch Phila wollte nicht nachlassen. Also hatte Phumzile keine andere Wahl, als sich immer weiter zur Seite zu lehnen. Und Phila folgte mit dem Löffel. Also lehnte Phumzile sich noch weiter zur Seite. Und noch ein Stück. Und noch ein Stück. Bis sie letztendlich vom Stuhl kippte. Mit dem Kopf voran. Doch zum Glück war es nur ein kleiner Stuhl, also war der Schmerz sehr schnell vergessen, nachdem ich Phumzile wieder zurück auf das Stühlchen hob. Phila lachte darüber nur und startete einen neuen Versuch, sie zu füttern. Jetzt nahm sie Phumzile`s Kopf in die rechte Hand und führte den Löffel mit der linken Hand zum Mund. Doch die Kleine hatte immernoch keinen Hunger. Also erklärte ich Phila mit einem einfachen „No“, dass sie aufhören sollte, Phumzile zu füttern und sie begnügte sich damit, den Brei dann selber zu essen.

Dienstag, 16. März 2010

Sanibonani!


Im Moment ist das Wetter hier in Malalane ganz angenehm. Morgens ist es recht kühl, geschätzte 20 Grad. Geschlossene Schuhe sind angesagt. Im Laufe des Tages wird es immer noch ziemlich warm. Nachts ist es angenehm kühl.

Awesome-travel Volunteers
Seit eineinhalb Wochen sind drei neue Freiwillige bei Amazing Grace. Aus Belgien, Holland und Deutschland. Sie wohnen, wie alle Awesome-travel Freiwilligen in einer Gastfamilie. Bei Reuben und Paula (die Eltern der Gastfamilie).
Paula und ich sind hier bei Amazing Grace wenn man so will die Koordinatoren der Awesome-travel Freiwilligen. Wir sind quasi die Vermittler zwischen Ihnen und den Mitarbeitern von Amazing Grace. Wenn sie Fragen haben können sie immer zu uns kommen und je nachdem was es ist, sagen wir Ihnen dann, zu welchem Mitarbeiter sie gehen sollten oder wir beantworten die Frage kurz. Wir Beide fanden es am Anfang nämlich nicht so einfach hier einen groben Überblick zu bekommen. Mitlerweile haben wir den und daher versuchen wir Ihnen den Einstieg etwas zu vereinfachen. Vor allem weil sie nur für zwei bis acht Wochen hier bleiben.

Tagesablauf
Unser Arbeitstag fängt morgens um ungefähr 8 Uhr an. Zur Zeit schlafe ich alleine im Centre. Paula schläft bei einer Bekannten, die auch in Malalane wohnt. Als Erstes geht es meistens kurz ins Office, um „hallo“ zu sagen und zu fragen, was für den Tag so ansteht. Dann setzen Paula und ich uns meistens kurz zusammen um zu besprechen was wir so zu tun haben und dann geht es los. Die Awesome-travel Freiwilligen kommen meistens so im Laufe des Vormittags und helfen dann hier und da. Wir versuchen uns immer ein paar Aufgaben für sie zu überlegen, wo sie dann mithelfen können. Gestern haben sie zum Beispiel einen Geburtstag vorbereitet. Sie haben ein Plakat gemalt, sind einkaufen gegangen und haben den Waffelteig vorbereitet. Abends haben Paula und ich dann den Geburtstag gefeiert. Das heißt, wir haben die Waffeln verteilt und das Geschenk übergeben. Das ist manchmal ein ganz schönes Chaos. Jedes Kind möchte natürlich so viele Waffeln ergattern wir möglich. Aber wir achten darauf, dass jeder seinen Anteil bekommt. Meistens klappt das auch.
Paula ist nach wie vor damit beschäftigt die „children’s rights and responsibilities“ an eine Wand zu schreiben. Wir hatten Ende September einen so genannten Youth-Leader Workshop in White River (nicht weit entfernt von Malalane). Rani, ein Vorstandsmitglied von Amazing Grace hat für uns oranisiert, dass wir daran teilnehmen können. Auf diesem Workshop haben wir die „children’s rights and responsibilities“ bekommen. Alle an die Wand zu schreiben dauert länger als gedacht. Paula ist bestimmt schon seit einer Woche immer wieder damit beschäftigt. Ich habe meinen Teil schon erledigt. Ich habe einen Regenbogen gemalt, der das Ganze etwas bunter macht. Wenn Paula fertig mit dem Schreiben ist, male ich wahrscheinlich noch eine bunte Überschrift.
In den letzten Tagen war ich vormittags auch oft damit beschäftigt meinen zweiten Vierteljahresbericht zu schreiben. Diese Vierteljahresberichte sind in dem Programm „weltwaerts“ von dem Paula und ich unterstützt werden vorgeschrieben und dieses Mal war es gar nicht so einfach ihn zu verfassen. Außerdem schreiben wir monatlich auch einen Bericht für Amazing Grace.
Vor kurzem wurde auf dem Dach des Jungentrakts ein Warmwasser-Solarsystem installiert. Dieses System wurde von drei Awesome-travel Freiwilligen finanziert. Da sie wieder zu Hause sind, haben sie uns darum gebeten, alles vor Ort zu arrangieren. Wir haben seit Mitte Januar übrigens permanten Strom. Das heißt, wir haben einen funktionierenden Kühlschrank und zwei Herdplatten. Das ist echt ziemlich praktisch.

Bevor die Kinder aus der Schule wiederkommen haben wir meistens Mittagspause (so um 12 Uhr) und essen. Zur Zeit meistens Reis mit Gemüse und einer Fertigsoße oder Nudeln mit einer Fertigsoße. Manchmal gibt es auch gekochte Maiskolben oder ein kürbisähnliches Gewächs :). Gemsquash.
Zwischen halb zwei und halb drei kommen die meisten Kinder aus der Schule wieder. Häufig fängt dann das Geklopfe an unserer Tür an. Um 15 Uhr fängt die Homeworktime an. Das heißt die Kinder sollen Hausaufgaben machen. Wenn sie nichts aufhaben, dann sollen sie für eine halbe Stunde lesen, rechnen oder irgendwas für die Schule lernen. Ich finde zur Zeit ist dies der anstrengenste Teil des Tages. Auch nach mitlerweile einem halben Jahr sagen sie noch:“Me don`t have a homework.“ (super Englisch nebenbei). Manche Kinder setzen sich aber auch von selber an ihre Schulsachen. Grade 4 und 5 sind meistens diejenigen die irgendwie versuchen um’s Lernen herumzukommen.
Um circa 16 Uhr werden Paula und ich seit Anfang letzter Woche circa jeden zweiten Tag mit dem Auto abgeholt um ins Squash- und Fitnesscentre zu gehen. Dort können wir endlich wieder Sport machen!
Nach dem Fitnessstudio sind die reading-groups angesagt. Teilweise sind sie vor dem Abendessen, teilweise danach. In einer von meiner reading-groups geht es zur Zeit schon weit über’s eigentliche Lesen hinaus. Zwei Jungs möchten einfach alles wissen. Besonders einer der Beiden stellt fast zu jedem Satz mindestens eine Frage, sei es eine Verständniss oder eine Grammatikfrage. Den Beiden scheint die reading-group richtig Spass zu machen. Letzten Donnerstag wollten sie garnicht mehr aufhören zu lesen. Es ist wirklich schön diese Entwicklung zu beobachten. Mal gucken, was die heutige reading-group mit den Beiden bringt. Dienstags haben wir jetzt auch eine learning-group. Mit zwei Jungen machen wir ein so genanntes Herobook, damit die Kinder den Helden in sich selber wieder finden.
Auch ein kurzer Kommentar von Paula hierzu: „Natürlich ist es manchmal richtig nervig, wenn man sich abends noch aufraffen muss, um die reading-groups zu halten. Aber es macht auch manchmal richtig Spaß. Besonders, wenn man einen erfolg bei den Kindern sieht. Manche Kinder haben sich anfangs immer vor der reading-group gedrückt und sich versteckt. Jetzt erinnern sie mich manchmal schon mittags daran, dass abends reading-group ist und dann klopfen sie nach dem Abendessen an die Tür und fragen mich, ob ich denn endlich komme. Das ist echt schön.“
Zusätzlich haben wir auch noch Assistenten für die reading-groups. Das sind jeweils Schüler der höheren Klassen und sie unterstützen uns, indem sie uns helfen, die Kinder für die reading-group zusammen zu sammeln oder einzelne Wörter für sie zu übersetzen, wenn es Verständnisprobleme gibt. Wenn Paula und ich am Abend verhindert sind und somit die reading-groups nicht leiten können machen das die Assistenten für uns. Manchmal klappt das richtig gut, manchmal überhaupt nicht.
Abends setze ich manchmal auch noch einfach zu den Kindern und verbringe etwas Zeit mit Ihnen. Tagsüber bleibt für Freizeit und Spiele irgendwie im Moment nicht mehr so viel Zeit.
Paula genießt es momentan, abends heiß duschen oder baden zu können, um dann TV zu gucken, mit ihren Freunden/Eltern zu chatten, zu skypen oder telefonieren, zum Fluss zu gehen, zu lesen…
Vor etwa zwei Wochen haben wir mit einer Freundin einen Farewelldrink gehabt. Candice, Sharon's Tochter ist jetzt fuer ein Jahr in Indonesien.



Ein bisschen was von Südafrika sehen…
Samstag fliegen wir nach Kapstadt! Dort wohnen wir Beide bis zum 26. März bei Bekannten. Am 26. März kommen dann so einige Leute in Kapstadt an, die uns besuchen wollen. Sophie (eine Freundin von mir (Laura)) und Paula’s Mama, ihr Bruder, ihre Tante und ihr Onkel. Paula und ihr Trüppchen bleiben dann noch ein paar Tage in Kapstadt. Und fahren danach die Garden-route hoch, wandern in den Drakensbergen und machen eine Safari im Kruger Park.
Ich bleibe mit Sophie bis zum Ende des Monats in Kapstadt und passe auf das Haus von den Bekannten auf, die fahren in den Urlaub. Danach reise ich mit Sophie die Küste bis nach Port Elizabeth hoch.

Paula und ich freuen uns schon richtig auf den Urlaub!

Dienstag, 9. März 2010

Blog wird doch nicht privat

Hey ihr Lieben,

da es zu kompliziert geworden wäre, den Blog privat zu machen, wird alles beim Alten bleiben. Der Blog ist also nach wie vor öffentlich und für alle zugänglich.

Alles Liebe

noch ein Zeitungsartikel

Schuhe


Schuhe. Vierundsiebzig Stück. Siebenunddreißig Paare. Für Siebenunddreißig Kinder. Von sechs bis achtzehn Jahren. In den unterschiedlichsten Farben und Formen.
Dank einiger Spenden konnte ich zusammen mit Laura, meiner Weggefährtin, vor einer Woche mit den ersten zwölf Kindern losziehen, um Schuhe zu wählen. Doch wie das mit einer Horde von Kindern so ist, waren wir zu spät. Drei Minuten. Also standen wir vor verschlossener Tür. Die Südafrikaner sind also nicht immer unpünktlich, wie es ihnen oft vorgeworfen wird. Einen Tag später bin ich dann mit derselben Gruppe nochmal den selben Weg gelaufen. Diesmal pünktlich. Wir wurden in dem Schuhgeschäft herzlich willkommen geheißen und die Kinder fingen an, sich Schuhe auszuwählen. Dem südafrikanischen Winter angemessene Qualitätsschuhe. Manche Kinder musste ich von Sandalen abraten und manchen von Cowboy-Stiefeln. Nach etwa zehn Minuten endete alles in einem einzigen Chaos und der Verkäufer bot mir an, am nächsten Tag mit Schuhen zum ``Amazing Grace Children´s Home`` zu kommen, wenn ich ihm eine Liste mit den Größen der Kinder geben würde. Also haben wir die Kinder wieder zusammengepackt und mich mit ihnen auf den Rückweg gemacht.
Wie versprochen habe ich am nächsten Morgen die Liste in dem Schuhgeschäft vorbei gebracht und wie versprochen ist Jabu, der Schuhverkäufer, am selben Nachmittag noch mit Schuhen vorbei gekommen. Natürlich sind die Kinder wählerisch. Sie haben nicht jeden Schuh genommen. Aber das fand ich auch richtig. Ich wollte den Kindern Schuhe kaufen, die die Füße im Winter zum Einen warm halten, die die Kinder zum Andern aber auch mögen. Denn ich kenne die Kinder und wenn sie die Schuhe nicht mögen, leben diese definitiv nicht lange. Wenn sie sie jedoch mögen, dann besteht eine große Chance, dass sie sie hegen und pflegen. Also musste Gogo noch weitere zwei Male kommen und mit den letzten Kindern – mit den wählerischsten - bin ich dann nochmal in den Laden gegangen, damit sie wirklich nochmal einen Blick auf alle Schuhe werfen konnten.
Doch die Schuhe mussten natürlich erst bezahlt werden, bevor die Kinder sie haben konnten. Also musste Jabu sie immer wieder mit zurück nehmen oder wir mussten sie im Laden lassen, nachdem alle Kinder ihr Lieblingsmodell ausgewählt hatten. Manche waren dabei ganz schüchtern, doch an dem Glänzen in ihren Augen konnte man sehen, wie begeistert sie von den Schuhen waren. Manche sind durch die Gegend gerannt und haben gesungen und getanzt. Manche haben angefangen zu kreischen, als sie ihren Traumschuh sahen. Und natürlich waren wieder manche viel zu cool, um zu zeigen, wie sehr sie sich freuten.
Als dann alle Schuhe gewählt waren ging es ans Bezahlen und das war komplizierter als gedacht. Also mussten die Kinder noch ein bisschen auf ihre Schuhe warten und jeden Tag hat mich mindestens ein Kind gefragt, wann die Schuhe denn endlich „zurück“ kommen würden.
Heute ist Jabu gekommen und hat die lang ersehnte Lieferung gebracht. Ich habe es zunächst nicht mitbekommen, da ich in meinem Häuschen saß und zu Mittag gegessen habe. Doch als ich hörte, wie die Mädchen anfingen zu kreischen wusste ich: das muss wegen der Schuhe sein. Glücklich haben die Kinder ihre Schuhe angenommen, doch sie haben sie nicht direkt angezogen. Erst wollten sie ihre Füße waschen.
Sobald es dann Winter wird, also im Mai oder Juni, wird jedes der Kinder ein Paar warme Winterschuhe haben. Noch laufen sie teilweise barfuß herum. Doch das ist erstens nicht so ungewöhnlich hier in Südafrika – überall sieht man Kinder ohne Schuhe. Ob in Supermärkten, an Tankstellen oder in Restaurants. Und zweitens ist das bei dem Wetter auch verständlich. Hier sind es momentan locker mal 42° und dabei ist es unglaublich schwül. Man muss keinen Schritt tun und schon steht man in seinem eigenen Schweiß. Das Arbeiten fällt einem da wirklich schwer.
Allerdings haben wir auch fast jeden Abend einen blutigen Zeh zu verarzten oder einen Splitter zu ziehen. Das bleibt uns und den Kindern dann hoffentlich im Winter erspart. Denn dann haben sie ja etwas, womit sie sich schützen können: Schuhe.