Montag, 14. September 2009

erster Artikel

Hey,
Paula schreibt regelmaessig Artikel fuer die Recklinghaeuser Zeitung, die wir hier dann auch hochladen werden. Dieser Wurde Anfang letzter Woche veroeffentlicht:


Immer wieder musste ich mir in Erinnerung rufen, dass ich nicht in Südspanien war: Die vertrocknete Landschaft, ein „Superspar“ an jeder Straßenecke. Bisher war das Einzige, das der europäischen Kultur nicht entspricht die Straßenverkehrsordnung. Man fährt auf der linken Seite, das Lenkrad ist rechts und die Ampeln sind wie in Amerika hinter der kreuzenden Straße.
Noch ein Blick auf mein Flugticket: ja, doch. Ganz sicher. Ich war in Johannesburg. Zusammen mit drei anderen Freiwilligen werde ich ein Jahr in Südafrika verbringen. Die zwei Jungs, die mich von Frankfurt über Kairo nach Johannesburg begleitet haben bleiben in Eikenhof, nahe Johannesburg. Laura, ebenfalls seit Frankfurt an meiner Seite, und ich fahren weiter nach Malelane- ein kleines Städtchen östlich von Johannesburg, nicht weit entfernt vom Kruger Nationalpark. Hier werden wir ein Jahr in einem Kinderheim leben. Hier essen, spielen, waschen, lachen, singen und tanzen wir mit den Kindern. Der Name des Heims ist „Amazing Grace children`s centre“, benannt nach der Gründerin. Das Heim hat zwei Hauptsitze. Einen in Eikenhof, und einen hier in Malelane. Außerdem ist die Aufgabe der Heimmitarbeiter, sich darum zu kümmern, dass Kinder ärmerer Familien die Möglichkeit haben, bei ihren Eltern oder Tanten und Onkels zu bleiben und „child trafficking“ zu verhindern.
Jetzt bin ich also hier. In Malelane. Um vom Flughafen in Johannesburg wegzukommen war zunächst ein Telefonat nötig. Nachdem ich bei den ersten drei Nummern, die mir gegeben wurden- für den Fall, dass uns keiner vom Flughafen abholt- vergeblich probiert hatte durchzukommen meldete sich bei der vierten Nummer eine freundliche Männerstimme am anderen Ende. Jedoch war der Empfang sehr schlecht, daher rief ich einfach nur ins Telefon, wer ich bin, wo wir- die vier Freiwilligen- waren und dass wir gerne abgeholt würden. Natürlich auf Englisch. Nach einer weiteren knappen Stunde Wartezeit holte uns dann die passende Person zu der freundlichen Stimme ab und brachte uns zu den jeweils entsprechenden Kinderheimen.
Die Fahrt nach Malelane dauerte etwa fünf Stunden und führte durch die tolle Landschaft Südafrikas. Mittlerweile war ich mir auch ziemlich sicher, nicht in Südspanien zu sein. Sondern im schönen Mpumalanga. Das ist die Region, in welcher Malelane liegt.
Abends kamen wir dann müde am Kinderheim an. Ohne große Worte des Willkommens wurde uns unser Zimmer gezeigt, woraufhin wir allein gelassen wurden. Allein mit einer Horde schreiender Kinder im Alter von zwei bis neunzehn Jahren.
Eins der jüngsten Kinder kam direkt mit Bauchschmerzen auf mich zugerannt und wollte ins Bett gebracht werden. Als ich neben ihm im Bett saß und ihm den Bauch streichelte kam direkt ein zweites Kind- noch jünger als das Erste- an, legte sich in meinen Schoß und schlief dort ein. Die anderen Kinder schrien und tobten im anderen Zimmer noch über Stühle und Tische. „Willkommen im Amazing Grace children´s centre“ dachte ich mir.
Am nächsten Tag stellten die Kinder sich mit Namen vor, die für mich unmöglich zu merken schienen. Noch jetzt, nach einer Woche, die ich hier schon verbracht habe, fällt es mir schwer, allen 30 Kindern die richtigen Namen zu zuordnen. Doch das ist nicht das einzige Kommunikationsproblem, das wir mit den Kindern haben. Manche sprechen nur schlechtes Englisch, manche garkeins. Daher sind wir gezwungen Siswati zu lernen, die Sprache, die die Kinder sprechen. Da kommt Südafrika-feeling auf! Unterstützt durch die ersten Elefanten, die wir schon an der Grenze zum Nationalpark (zehn Minuten zu Fuß vom Heim aus) gesehen haben und die wunderschönen Lieder, die die Kinder jeden Abend vor dem Essen als Gebet singen.
Doch es ist natürlich nicht alles wie im Bilderbuch. Der Unterschied zwischen Arm und Reich ist hier ganz deutlich zu spüren. Das Heim ringt um Geld, um den Kindern Essen zu bieten, das Wasser und den Strom zum Laufen zu kriegen (was beides momentan nur eingeschränkt klappt) und das Haus in Schuss zu halten: das Dach ist kaputt, die Fenster sind nicht verschließbar und die zu wenigen Betten sind kaputt. Doch sobald man in den „Superspar“ geht sieht man gut gekleidete Menschen, die ihre Einkaufswagen bis oben füllen.
Die kaputten Fenster, der fehlende Strom, an all das kann man sich gewöhnen, doch schwierig ist zu wissen, dass viele der Kinder HIV positiv sind. Andere der Kinder haben immer wieder Erkältungen oder Kopfschmerzen, stecken sich gegenseitig an, weil sie sich zu zwanzig ein Zimmer teilen. Man selber hat da Mühe gesund zu bleiben und sich sauber zu halten.
Bisher haben wir das ganz gut geschafft. Mal sehen, was die nächsten 50 Wochen so mit sich bringen.

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